OSZ IMT - Oberstufenzentrum Informations- und Medizintechnik

Weltmeister-Roboter in der Geisterbahn

Es ist Halloween, und Philipp hat einen Traum. Durch einen finsteren Wald läuft der 16-Jährige auf ein Geisterschloss zu. Philipp hat Angst, eine Eule fliegt vor ihm entlang und kreischt ihr schreckliches "Buhu". Plötzlich erstarrt er: Vor ihm schwebt eine Hand in der Luft...

Was klingt wie der Beginn einer Gruselgeschichte, ist eigentlich ein Schauspiel mit kleinen Robotern - und eine technische Meisterleistung. Vier Schüler des Oberstufenzentrums für Informations- und Medizintechnik in Neukölln haben die Roboter nicht nur gebaut, sondern auch programmiert. Mit Erfolg: Sonja Piotrowski (18), Michelle Bialdyga (18), Efkan Asik (18) und Philipp Korper (16) treten damit seit gestern bei den Robocup-Weltmeisterschaften in Singapur an.

Mehr als 500 Teams aus 40 Ländern werden bis Freitag beim Wettbewerb um die besten Mini-Roboter in verschiedenen Ligen antreten. Bei den Zuschauern besonders beliebt: die an Fußball angelehnte Roboter-Fußball-Liga, bei der die Metall-Männchen den Ball ins gegnerische Tor schießen müssen. Doch haben die vier Schüler des Oberstufenzentrums mit kickenden Robotern wenig am Hut.

Ihre aus Lego und technischen Modulen erbauten Roboter funktionieren wie kleine Schauspieler. Sie kommunizieren miteinander und erzählen eine Geschichte, hier einen Alptraum. Selbstverständlich werden die fünf Roboter kostümiert: Der untote Nick, wie eine der Figuren heißt, wäre ohne seinen Umhang und den Styropor-Kopf mit den bösen Augen nur halb so schrecklich. Unter den Verkleidungen und dem Gerüst aus Lego trägt jede Figur einen kleinen Sensor. Der kann an den Computer angeschlossen werden und in den Sprachen Java und NQC programmiert werden. Bei der Weltmeisterschaft werden Programmierung, Gestaltung und Performance bewertet.

Lasertechnik macht Ärger

Neben dem untoten Nick, dem kopflosen Jack, dem eiskalten Händchen und den Tieren gibt es einen Roboter-Philipp. Es ist der "Traum-Philipp", der vor der Kulisse des blinkenden Geisterschlosses durch die Horror-Landschaft läuft. Wie in einer Geisterbahn begegnet er gruseligen Gestalten, jede hat ihren eigenen Weg und eigene Mechanismen. Eine Besonderheit ist beispielsweise die Eule, die mechanisch betrieben wird. Sie läuft auf einer Stange. Hat sie deren Ende erreicht, löst sie einen Impuls aus, der eine Spinne in Bewegung setzt.

Der Reise nach Singapur zur Roboter-WM haben die Schüler bereits seit einem halben Jahr entgegengefiebert. "Ich hoffe, wir können auch etwas von der Stadt sehen", meint Sonja Piotrowski. Doch zunächst müssen die vier Schüler ins Convention Center des südostasiatischen Landes und dort ihre kleinen Freunde aufbauen. "Ganz alleine", sagt Efkan Asik. Informatik-Lehrerin Gabriele Kämmler darf ihnen nicht mehr helfen, genauso wenig wie Englisch-Lehrerin Francine Jobatey. Beim Interview in Englisch mit der WM-Jury sind Sonja, Michele, Efkan und Philipp auf sich gestellt.

Um gut vorbereitet zu sein, haben die Schüler vor dem Abflug am vergangenen Freitag alle Technik-Bauteile säuberlich geordnet in Stahlkisten gepackt. "Damit wir alles wiederfinden", sagt Michelle. Da die Teile so empfindlich sind, kommen sie mit ins Handgepäck. In Singapur beziehen die Neuköllner Schüler und ihre Lehrerinnen als erstes ihre Zimmer auf dem Campus der National University of Singapore. Oft werden sie allerdings nicht dort sein, denn erst wollen die vier die letzten Probleme ihrer Halloween-Aufführung lösen. Jede Nacht werden die Schüler die Programmierung weiter verbessern. "Wir haben eine Regel. Wenn weniger als eine Stunde zum Schlafen bleibt, dann gehen wir gar nicht mehr ins Bett", sagt Sonja lachend. Vor allem die Lasertechnik, mit der Ratten-Roboter Lucy gesteuert wird, macht ihnen noch Sorgen. "Die Ratte muss den Laserstrahl finden, um sich von ihm leiten zu lassen", sagt Lehrerin Gabriele Kämmler. "Sauschwer" sei das und auch das einzige, was in Singapur schiefgehen könne. Aus Sicherheitsgründen dürften nur relativ schwache Laserstrahlen eingesetzt werden und die könne Lucy nicht immer orten. Und dann kennt Lucy ihren Weg nicht und verpasst es, Philipp einen Schrecken einzujagen.

Informatik aus Leidenschaft

Efkan, Michelle und Sonja sind amtierende Weltmeister und machen zum dritten Mal beim Robocup mit. Im vergangenen Jahr holten sie mit einer anderen Performance den Titel im österreichischen Graz. Damals hatten sie die Roboter als diebische Ameisen programmiert, die Picknicker beklauen. "Die Schüler haben damals abgeräumt", sagt Gabriele Kämmler. Erst den deutschen Meistertitel, dann den doppelten Weltmeistertitel.

"Programmieren ist wie eine riesige Knobelaufgabe", sagt Philipp Korper. Er ist das Nesthäkchen im Roboter-Team und erst seit kurzem dabei, während Sonja, Efkan und Michelle schon länger gemeinsam programmieren. Dass Informatik Spaß macht, entdeckten die Schüler, als sie im Unterricht "Roberta" kennenlernten, ein Roboter-Baukasten für Jugendliche. Sie konnten gar nicht aufhören, "Roberta" immer weiterzuentwickeln. 2009 sprachen sie ihre Lehrerin Gabriele Kämmler an. Ob es nicht möglich sei, mit ihr Roboter zu bauen, fragten sie. Natürlich, antwortete die Lehrerin und freute sich über das große, freiwillige Engagement der Schüler.

Sie arbeiten nicht nur während der drei Stunden Informatik-AG an den Robotern. "Wir treffen uns am Wochenende und auch in den Ferien", erzählt Sonja. Doch nach dem diesjährigen Abitur ist Schluss mit der Informatik. Studieren wollen Sonja, Michelle, Philipp und Efkan eher etwas in Richtung Ökologie oder Medizin. "Das Programmieren bleibt aber sicher ein großes Hobby", sagt Efkan.

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